Nachdenkstürmerei
In der zweiten Dezember-Woche 2022 veranstaltete das Dortmunder Produktionslabel artscenico ein Symposium unter dem Titel Nachdenkstürmerei. In diesem 3-tägigen, öffentlichen, „Think-Tank“ wurde das Verhältnis von Theater/Performance/Darstellender Kunst, seinen Produzenten und dem Publikum aus unterschiedlichen Perspektiven erkundet, Fragen hierzu gestellt und versucht Antworten zu finden oder Handlungsoptionen aufzuzeigen.
Derzeit steht, wie selten zuvor, die Beziehungstriade „Künstler-Kunst-Publikum“ auf dem Prüfstand. Wir möchten hierzu einen Diskurs befördern, der die Ungleichgewichte, die Verunsicherungen und möglichen Folgen für alle Akteure in diesem Beziehungsgeflecht benennt, befragt und vielleicht neue Optionen und Wege aufzeigt. Die „Theaterwelt“ – institutionell wie auch „frei“ – ist aktuell stark davon geprägt, dass über das Publikum gesprochen wird. Und ohne es zu wissen oder eine klare Definition, welche Rolle ihm denn nun gerade eigentlich zugedacht ist, nimmt das Publikum dadurch eine ebenso zentrale wie auch vage Position ein und wird mehr und mehr zur großen Unbekannten in der Theatergleichung. Nicht selten lautet die erste bange Frage nach der Vorstellung: „Wieviel Personen waren da?“. Die Folgen dieser Verunsicherung für die Kunstschaffenden sind evident. Die thematische und ästhetische Selbstreflexion, das Suchen nach neuen Formen, neuen Präsentationsarten, erfährt dadurch eine „kunstabgewandte“ Dringlichkeit, die für den Theaterproduzierenden wie das Theaterprodukt mit großen Konsequenzen verbunden ist.
Zukunft des Theaters
Noch mehr als in anderen gesellschaftlichen Bereichen hat hier die Pandemie in den letzten zwei Jahren als Katalysator gedient. Neue bzw. andere Formen der „Bühnen“-Produktion/Präsentation traten in den Vordergrund, online und virtuell. Der digitale Raum poppte auf als…ja, als was? Als Drohung? Möglichkeit? Notwendigkeit oder auch Versprechen? Ein neuer „leerer Raum“!
Das bringt uns zu der Frage nach der „Zukunft des Theaters“: Wie geht was und wann und warum? Kann man Publikum „zurückgewinnen“? Wenn ja, wie? Welches? Und wie gehen wir mit ihm um? Oder das Publikum mit uns?
All diese Fragen betreffen auch die Arbeit von artscenico. Artscenico ist ein Künstlerkollektiv, das seit 30 Jahren vor allem in Dortmund, der Ruhrregion, aber auch europaweit produziert und gastiert hat. Seit jeher ist artscenico unbehaust, hat nie eine eigene Spielstätte gehabt. Ein besonderer Schwerpunkt des Programms liegt auf orts-spezifischen Produktionen an ungewöhnlichen Orten. Daraus ergibt sich ein ganz eigener Blick auf das Thema und eventuell ergeben sich auch aus der Analyse und Diskussion andere Rückschlüsse.
Artscenico soll aber nicht Thema des Symposiums sein, sondern Impulsgeber, beispielhaft sein. Wir möchten unsere Erfahrungen, Gedanken und Ideen sehr gerne mit Euch, mit Ihnen, den Fachleuten aus verschiedenen Bereichen, austauschen, diskutieren und erweitern.
Hierfür wird jeder Tag des Symposiums unter einem speziellen Blickwinkel stehen. Eingeladen sind referierende Gäste aus den Bereichen „Freie Szene“, „Theaterkritik“, „Online-Theater“ und „Stadttheater“.
Das Symposium fand vom 07.12 – 09.12.2022 im Haus Schulte Witten in Dortmund-Dorstfeld statt.
gefördert von
in Kooperation mit